Kündigungsschutz des Arbeitnehmers in der Insolvenz des Arbeitgebers

Rechtsanwalt Jörg Halbe

Die Insolvenz des Arbeitgebers hat keinen direkten Einfluss auf den Bestand der im Betrieb bestehenden Arbeitsverhältnisse. Arbeitnehmern steht in der Insolvenz des Arbeitgebers bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz zu. Im Einzelnen:

 

Anstieg der Firmeninsolvenzen in 2023

 

Die Zahl der Firmeninsolvenzen hat in 2023 deutlich zugenommen. So meldeten die Amtsgerichte im ersten Halbjahr 2023 8571 Unternehmensinsolvenzen und damit gut 20 % mehr als ein Jahr zuvor. Dieser negative Trend hat sich im zweiten Halbjahr offenbar ungebremst fortgesetzt. Allein im Oktober waren 1047 Unternehmensinsolvenzen zu verzeichnen, was einen Anstieg von 44% im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.

 

Verkürzte Kündigungsfrist bei Kündigung während Insolvenz des Arbeitgebers

 

Mit der Insolvenz des Arbeitgebers geht verständlicherweise auch die Sorge der Arbeitnehmer um den Bestand ihrer Arbeitsplätze im insolventen Unternehmen einher. Dabei hat die Insolvenz des Arbeitgebers grundsätzlich keinen Einfluss auf die Fortgeltung und inhaltliche Ausgestaltung der im Betrieb bestehenden Arbeitsverhältnisse. Diese laufen ungekündigt zu den arbeitsvertraglich vereinbarten Konditionen weiter und werden nicht etwa allein durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet. Die Insolvenzordnung sieht eine Kündigungserleichterung lediglich im Hinblick auf die vom Insolvenzverwalter einzuhaltende Kündigungsfrist vor. So verkürzt sich in der Insolvenz des Arbeitgebers eine gegebenenfalls längere gesetzliche, tarifliche oder aber einzelvertragliche Kündigungsfrist zwingend auf drei Monate zum Ende des Kalendermonats.

 

Kündigungsschutz nach Kündigungsschutzgesetz

 

Grundsätzlich steht Arbeitnehmern jedoch auch in der Insolvenz des Arbeitgebers bei einer Kündigung der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz zu. Eine ordentliche Kündigung kommt insoweit nur bei Vorliegen eines betriebs- , verhaltens- oder personenbedingten Kündigungsgrundes in Betracht. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für sich genommen noch keine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen vermag. Einzig insolvenzspezifische Entscheidungen des Insolvenzverwalters, die etwa auf eine Rationalisierung oder Stilllegung von Betrieben oder Betriebsabteilungen bzw. auf sonstige Umstrukturierungen abzielen, können dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes abgeben, die geeignet sind, betriebsbedingte Kündigungen zu rechtfertigen.

 

Zur sozialen Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung kann der Insolvenzverwalter auch auf ein zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs vorliegendes Sanierungskonzept eines möglichen Erwerbers abstellen, in dessen Umsetzung das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung der von den betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Arbeitnehmern entfällt. Insoweit ist der kündigende Insolvenzverwalter – bzw. Arbeitgeber (bei einer Insolvenz in Selbstverwaltung – im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses voll darlegungs- und beweisbelastet. Im übrigen stellt ein Erwerber- und/oder Sanierungskonzept, welches sich allein in dem Entschluss erschöpft, einem oder mehreren Arbeitnehmern zu kündigen, keinen dringenden betrieblichen Grund dar, der auch nur im Ansatz geeignet wäre, eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen.

 

Kündigungsschutzklage bei Kündigung in der Insolvenz

 

Dem von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer bleibt auch bei Insolvenz des Arbeitgebers die Möglichkeit, hiergegen innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht zu erheben. Eine solche Kündigungsschutzklage ist im Zweifel gegen den Insolvenzverwalter zu richten.

Bei Fragen zur Kündigung während der Insolvenz des Arbeitgebers können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Wir beraten und vertreten Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutschlandweit!

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