Widerrufsjoker
Widerrufsjoker
Sollten Sie nach dem 01.11.2002 ein Darlehen etwa zur Finanzierung eines Hauskaufs oder einer Eigentumswohnung aufgenommen haben, können Sie möglicherweise vom sogenannten „Widerrufsjoker“ profitieren. Mit dem Widerrufs-Joker ist es Ihnen möglich, auch heute noch einen bereits vor vielen Jahren abgeschlossenen Darlehensvertrag ohne Vorfälligkeitsentgelt zu widerrufen, ein neues Darlehen zur Finanzierung der verbliebenen Restschuld aufzunehmen und somit vom derzeitigen Rekordtief der Bauzinsen zu profitieren.
Die Überprüfung der von Ihrer kreditgebenden Bank verwendeten Widerrufsbelehrung kann sich für Sie auszuzahlen. Erweist sich die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft und weicht diese noch dazu von der zum Zeitpunkt des Vertragsschluss geltenden amtlichen Muster-Widerrufsbelehrung ab, können Sie Ihren alten Darlehensvertrag widerrufen und Ihre vor Jahren erworbene Immobilie nachträglich zu den historisch günstigen Konditionen von heute finanzieren. Die hierdurch zu erzielenden Zinsersparnisse belaufen sich abhängig von den Umständen des Einzelfalls schnell auf einige zehntausend Euro.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die in Ihrem Kreditvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, ist dabei im Übrigen sehr groß. Nach Angaben der Verbraucherzentrale Hamburg sind rund 80 % aller ab 2002 geschlossenen Kreditverträge von fehlerhaften Widerrufsbelehrungen, die den Kreditnehmer zum späten Widerruf berechtigen, betroffen. Daher empfiehlt es sich grundsätzlich, jeden nach dem 01.11.2002 abgeschlossenen Baufinanzierungsvertrag von einem mit der Problematik vertrauten Anwalt im Hinblick auf eine etwaig noch bestehende Widerrufsmöglichkeit überprüfen zu lassen.
Hierfür stehen wir Ihnen deutschlandweit zur Verfügung. Die Überprüfung Ihrer Widerrufsbelehrung erfolgt innerhalb einer Woche zu einem vorher vereinbarten Pauschalhonorar. Gerne sind wir Ihnen zudem bei der Erstellung Ihrer Widerrufserklärung behilflich oder erklären den Widerruf gleich ganz für Sie. Sollten Sie noch Fragen zum Widerrufs-Joker haben, erreichen Sie uns telefonisch oder per E-Mail. Die Anfrage ist selbstverständlich für Sie unverbindlich und kostet nichts.
16 Fragen und Antworten zum Widerrufsjoker
1. “Widerrufsjoker“? Was bedeutet das eigentlich?
Der Begriff “Widerrufsjoker“ ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für die gesetzliche und in der Rechtsprechung anerkannte Möglichkeit, einen Darlehensvertrag, der nach dem 1. November 2002 zwischen einem Verbraucher und einem Darlehensgeber (Bank) geschlossen wurde, aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung in dem Darlehensvertrag, zu widerrufen. Spielt man diesen “Joker“ richtig aus, ist es zum Beispiel möglich, die hohen Zinsbelastungen einer alten Immobilienfinanzierung zu den aktuellen, historisch tiefen Zinskonditionen auszutauschen oder eine bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuerhalten. Je nach Kreditvertrag können hierdurch oft einige 10.000,00 Euro Zinsbelastungen eingespart werden.
2. Was ist der Hintergrund des Widerrufsjokers?
Bei dem Abschluss von Darlehensverträgen sind Banken gesetzlich dazu verpflichtet, den Kreditnehmern ein Widerrufsrecht einzuräumen und entsprechende Belehrungen über die Möglichkeit des Widerrufs zu erteilen. Einige Kreditinstitute haben dabei versucht, die eigenen Vertragswerke und insbesondere die hier gebrauchten Widerrufsklauseln möglichst nach den eignene Interessen der Bank zu formulieren. Hierbei wurden häufig unklare Formulierungen gebraucht und Verbraucherschutzinteressen missachtet. Viele der damals gebrauchten Widerrufsklauseln sind daher unwirksam.
3. Welche Vorteile hat der Widerrufsjoker?
Mit dem Widerrufsjoker kann unter bestimmten Voraussetzungen der Darlehensvertrag vorzeitig beendet werden. Das bedeutet, dass die Möglichkeit besteht, die ursprünglich hohe, alte Zinsbelastung zu senken, indem ein neuer Darlehensvertrag unter Berücksichtigung der aktuellen, sehr niedrigen Bauzinsen geschlossen wird (LG Ulm, Urteil vom 25.04.2014, Az. 4 O 343/13). Darüber hinaus besteht sogar ein eigener Zahlungsanspruch: Die Bank ist bei einem wirksamen Widerruf des Darlehens verpflichtet, die Differenz zwischen dem höher vereinbarten Zinssatz und dem marktüblichen Zinssatz zu erstatten. Wie hoch der „marktübliche Zinssatz“ im Einzelfall jedoch tatsächlich ist, ist schwer zu bestimmen. Häufig wird diese Frage in einem Prozess durch einen Gutachter geklärt.
Beispiel Zinsvorteil: Wenn zur Finanzierung eines Eigenheims im Januar des Jahres 2008 ein Immobilienkredit von insgesamt 190.000,00 Euro aufgenommen wurde und ein Zinssatz in Höhe von 5,2 % sowie eine monatliche Zins- und Tilgungsrate in Höhe von 1.200,00 Euro vereinbart wurden, betrüge die Restschuld am Ende der Zinsbindung im Jahr 2018 ca. 131.000,00 Euro. Bei einem Widerruf des Immobilienkredits im Januar 2015 und einer Neufinanzierung der Restschuld zu einem jetzt möglichen Zinssatz von z.B. 1,9 % betrüge die Restschuld im Jahr 2018 nur ca. 105.000,00 Euro. Dies entspricht einer Ersparnis von ca. 26.0000,00 Euro alleine zum Ende der Zinsbindung. In den Folgejahren setzt sich dieser immense Zinsvorteil dann in ähnlicher Höhe fort.
4. Greift der Widerrufsjoker auch nach Rückzahlung des Darlehens?
Wenn der Kredit bereits zurückgezahlt wurde und hierfür eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden musste, kann diese bei erfolgreichem Widerruf zurückverlangt werde, sofern der Rückzahlungsanspruch noch nicht verjährt ist (LG Hamburg, Urteil vom 16.04.2014, Az. 302 O 159/13).
5. Welche Folgen hat der Widerruf?
Ein erfolgreicher Widerruf hat zur Folge, dass ein sogenanntes gesetzliches „Rückgewährschuldverhältnis“ entsteht. Das bedeutet, dass die empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien gemäß §§ 357 I, 346 I BGB Zug um Zug zurückzugewähren sind. Der Verbraucher ist dabei verpflichtet, sofort das gesamte Darlehen zurückzuzahlen. Zusätzlich müssen die für die Kapitalüberlassung vereinbarten (und in der Regel mit den Tilgungsraten bereits gezahlten) bzw. marktüblichen Zinsen erbracht werden. Der Widerrufsjoker sollte also nur dann ausgespielt werden, wenn die Finanzierung der Restschuld gesichert ist, also bereits ein neues verbindliches Darlehensangebot vorliegt, oder der Geldbetrag sogar direkt aus eigenen Mitteln gezahlt werden kann! Das Kreditinstitut ist im Gegenzug verpflichtet, die bereits gezahlten Leistungen zu erstatten sowie die gezogenen Nutzungen herauszugeben. In der Praxis wird die Differenz beider Anspruchssummen ausgeglichen.
6. Was sind die Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung?
Die Widerrufsbelehrung muss klar und verständlich gestaltet sein und damit dem Verbraucher seine Rechte unmissverständlich deutlich machen. Sie bedarf der Textform und muss den Namen und die Anschrift des Widerrufsempfängers enthalten. Darüber hinaus muss die Widerrufsbelehrung einen verständlichen Hinweis auf den Fristbeginn enthalten und darf bei dem Verbraucher keinen Irrtum durch irrelevante Zusätze hervorrufen. Der genaue Wortlaut ist gesetzlich geregelt. Bei einem schriftlich abzuschließenden Verbraucherdarlehensvertrag ist zudem erforderlich, dass dem Verbraucher über die Belehrung hinaus, eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird. (LG Ulm, Urteil vom 25.04.2014, Az. 4 O 343/13; BGH XI ZR 33/08). Zum Beispiel ist die von der DKB Bank häufig gebrauchte Formulierung „Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ im Hinblick auf den tatsächlichen Fristbeginn unklar. Dem Verbraucher wird suggeriert, dass die Frist auch später beginnen könne (OLG Brandenburg, Urteil vom 19.03.2014, Az. 4 U 64/12).
7. Was sind die häufigsten Fehler in den Widerrufsbelehrungen?
Folgende Fehler treten in Widerrufsbelehrungen häufig auf:
- falsche Fristbelehrung – zum Beispiel „Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Erklärung“ (BGH, Urteil vom 01.12.2010, VIII ZR 82/10)
- ergänzende Formulierungen, die für den Darlehensnehmer unverständlich oder irreführend sind – zum Beispiel „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde.” (BGH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08)
- keine Anpassung auf den Einzelfall bei Musterwiderrufsbelehrungen durch unbedeutende Angaben – zum Beispiel wäre bei einem Baufinanzierungskredit die Aufnahme einer Belehrung zum Widerrufsrecht beim finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechtes verfehlt (LG Köln, Urteil vom 17.09.2013, Az. 21 O 475/ 12)
- fehlender oder unrichtiger Hinweis auf Rechtsfolgen – zum Beispiel formuliert § 358 III 2 BGB a.F. als Rechtsfolge „…wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss der Mitwirkung des Unternehmers bedient“ – hier wäre es falsch das Wort „oder“ mit „und“ auszutauschen (LG Köln, Urteil vom 17.09.2013, Az. 21 O 475/12)
- Im Einzelfall können sogar oft mehrere Fehler, also Fehlerkombinationen, in einer einzigen Widerrufsbelehrung vorliegen. Neben einer falschen Fristbelehrung kann die Widerrufsbelehrung zum Beispiel zusätzlich einen fehlenden Hinweis auf die Rechtsfolgen enthalten.
8. Sind alle fehlerhaften Widerrufsbelehrungen angreifbar?
Soweit eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft und damit unwirksam war besteht grundsätzlich ein Widerrufsrecht gegenüber laufenden, rückabgewickelten oder sogar gekündigten Verbraucherdarlehensverträgen (LG Potsdam, Urteil vom 30.11.2011, Az.: 8 O 260/11, AG Göttingen, Urteil vom 20.12.2010, Az. 21 C 131/10) .
ABER Achtung (!): Soweit die Banken jeweils aktuell gültige amtliche Musterwiderrufsbelehrungen verwendet haben und von diesen in keiner Hinsicht abgewichen sind, ist die Widerrufsbelehrung nicht angreifbar, selbst wenn die Musterwiderrufsbelehrung fehlerhaft war (OLG Brandenburg, Urteil vom 19.03.2014, Az. 4 U 64/12). Sollte die übernommene Musterwiderrufsbelehrung jedoch eigene Textzusätze der Bank und Ergänzungen enthalten, so ist die Belehrung wiederum angreifbar.
9. Unter welchen Voraussetzungen ist der Widerruf zu erklären?
Es müssen die gesetzlichen Voraussetzungen zum Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags gem. §§ 495 I, 355 I BGB vorliegen. Dies sind zum Beispiel das Bestehen eines Widerrufsgrundes, das Vorliegen einer Widerrufserklärung sowie die Einhaltung aller Formvorschriften. Entscheidend ist, dass die Widerrufsbelehrung tatsächlich fehlerhaft ist und dass der Widerrufswille schriftlich der Bank angezeigt wird. Dies geschieht am besten per eingeschriebenen Brief, um später den Zugang der Widerrufserklärung auch beweisen zu können. Zur Formulierung kann ein Mustertext verwandt werden. Wer unsicher ist, kann sich bereits vorab und bei der Formulierung des Widerrufs anwaltlicher Hilfe bedienen.
10. Was ist bei der Ausübung noch zu beachten?
Das Widerrufsrecht darf nicht verjährt sein. Es gilt die 3- Jährige Regelverjährungsfrist gem. §§ 195, 199 BGB. Eine Verjährung des Widerrufsrechts ist aber in den meisten Fällen ausgeschlossen, weil die Umstände, die das Widerrufsrecht begründen (also das Wissen um die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung), dem Darlehensnehmer in aller Regel nicht bekannt waren.
11. Gibt es Besonderheiten bei KFW-Darlehen?
Bei Darlehen der “Kreditanstalt für Wiederaufbau“, kurz: KFW, gelten keine Besonderheiten. Schließlich wird auch hier ein einfacher privatrechtlicher Kreditvertrag abgeschlossen. Wichtig ist nur, dass der Widerruf gegenüber der in der Widerrufsbelehrung bezeichneten Stelle erfolgt. Dies ist in der Regel die Bank, die das KFW-Darlehen abgewickelt hat.
12. Wie ist das Widerrufsrecht geltend zu machen?
Zunächst sollte durch einen Experten geprüft werden, ob die Widerrufsbelehrung in dem Verbraucherdarlehensvertrag fehlerhaft ist. Sodann sollte ein neues verbindliches Darlehensangebot, mit den aktuellen niedrigen Zinssätzen, eingeholt werden. Danach kann der Widerruf erklärt werden. Der Widerruf sollte unbedingt nur dann ausgeübt werden, wenn eine Anschlussfinanzierung gesichert ist!
13. Wie teuer ist die Geltendmachung des Widerrufsrechts?
Die Ausübung des Widerrufsrechts ist für den Kreditnehmer kostenfrei. Auch Bearbeitungsgebühren darf die Bank nicht in Rechnung stellen.
14. Wie reagieren die Banken auf den Widerruf?
Einige Banken sind grundsätzlich bemüht, gerichtliche Entscheidungen über einen Widerruf zu vermeiden. Häufig werden daher außergerichtliche Einigungen zwischen der Bank und dem Verbraucher getroffen. Grund dafür ist die steigende Anzahl an betroffenen Verbraucherdarlehensverträgen durch die Aufmerksamkeit der Widerrufsthematik in der Öffentlichkeit. Andere Kreditinstitute lehnen das Widerrufsbegehren strikt ab oder reagieren nur auf anwaltlichen Druck. Gegebenenfalls bedarf es zur Verwirklichung der Verbraucherschutzrechte sogar einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
15. Wie hoch fallen die Rechtsanwaltskosten aus?
Für die außergerichtlichen Bemühungen eines Rechtsanwalts werden in der Regel kostengünstige Vereinbarungen getroffen. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung werden die Kosten und Gebühren nach den entsprechenden Kostengesetzen berechnet. Die Kosten für ein gerichtliches Verfahren sind in aller Regel sehr hoch, da diese nach dem sogenannten “Streitwert“ des Verfahrens bestimmt werden. Der Streitwert in einem Widerrufsfall bestimmt sich dabei zumindest nach dem Betrag der Restschuld des Darlehens bei Klageerhebung. Das Gesamtkostenrisiko bei einer Restschuld von 130.000,00 EUR liegt zum Beispiel bei mindestens ca. 14.000,00 EUR in der 1. Instanz. Dieses Risiko ist jedoch häufig durch eine bestehende Rechtsschutzversicherung abgedeckt.
16. Zahlt die Rechtsschutzversicherung?
Die Frage, ob in einem konkreten Fall eine bestehende Rechtsschutzversicherung greift, hängt von dem jeweiligen Versicherungsvertrag ab. In der Regel sind Rechtsstreitigkeiten um Kreditverträge versichert. In den einzelnen Verträgen oder in den jeweils gebrauchten Allgemeinen Versicherungsbedingungen werden jedoch häufig Streitigkeiten um Darlehnsverträge für Neubauten ausgeschlossen. Um Probleme mit der Rechtschutzversicherung zu vermeiden sollte der Antrag auf Kostendeckung am besten von den beauftragten Rechtsanwalt gestellt werden. Dieser anwaltliche Service erfolgt in der Regel kostenfrei.