Die betriebsbedingte Kündigung – Anforderungen an den Nachweis außer- und innerbetrieblicher Kündigungsgründe

Rechtsanwalt Jörg Halbe

Sicherlich erschwert das Kündigungsschutzgesetz die arbeitgeberseitige Kündigung. Doch auch wenn das betreffende Arbeitsverhältnis in den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt, ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen unter bestimmten, genau normierten Voraussetzungen möglich.

Betriebsbedingtheit

So ist eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt, wenn der Personalbedarf nicht mit dem Personalbestand übereinstimmt. Die Diskrepanz zwischen Angebot an und Nachfrage nach Arbeitsleistung im Betrieb kann dabei auf außer- oder innerbetriebliche Gründe zurückzuführen sein. Ein typischer außerbetrieblicher Grund ist der Auftrags- oder Umsatzrückgang eines Unternehmens, ein typischer innerbetrieblicher Grund ist die in einer unternehmerischen Entscheidung fußende Umorganisation von betrieblichen Arbeitsabläufen. Beide Gründe sind grundsätzlich geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

Außerbetriebliche Kündigungsgründe

Stützt der Arbeitgeber die Kündigung auf außerbetriebliche Gründe, hat er den Auftrags- oder Umsatzrückgang im Rahmen einer etwaigen Kündigungsschutzklage anhand betriebswirtschaftlicher Zahlen nachzuweisen.

Freilich ist ein nachgewiesener Umsatzrückgang allein nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Der Umsatzrückgang muss vielmehr, soll er als außerbetrieblicher Kündigungsgrund herhalten, auch ursächlich für einen Rückgang des Bedarfs an Angestellten sein. Hierfür trifft den Arbeitgeber die alleinige Darlegungs- und Beweislast. Den Ursachenzusammenhang zwischen Umsatzrückgang und geminderten Personalbedarf kann der kündigende Arbeitgeber in aller Regel jedoch nur sehr schwer nachweisen. So kann ein Umsatzrückgang etwa auf die Gewährung von Rabatten oder Preisnachlässen zurückzuführen sein. Es liegt auf der Hand, dass hierdurch der Bedarf an Personal in keiner Weise gemindert wird.

Eine Kündigungsschutzklage, die sich gegen eine allein auf außerbetriebliche Gründe gestützte betriebsbedingte Kündigung richtet, hat daher in aller Regel beste Aussicht auf Erfolg. So gibt es bislang nur wenige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG), in denen die Kündigung aus rein außerbetrieblichen Gründen akzeptiert wurde. Ein Arbeitgeber, der sich zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung entschlossen hat, wird daher versucht sein, diese auf innerbetriebliche Gründe zu stützen.

Innerbetriebliche Kündigungsgründe

Ein zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung berechtigender innerbetrieblicher Grund liegt vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen Entscheidung Ursache für den reduzierten Personalbedarf ist.

Der kündigende Arbeitgeber hat hierbei im Kündigungsschutzprozess zunächst nachzuweisen, dass überhaupt eine die Umstrukturierung des Betriebs betreffende Unternehmensentscheidung getroffen wurde. Dies gelingt etwa durch Vorlage eines dies dokumentierenden Beschlusses der Geschäftsführung bzw. der Unternehmensleitung. Sodann hat der Arbeitgeber nachzuweisen, dass durch die Umsetzung der getroffenen Entscheidung der Bedarf an Arbeitskraft sinkt.

Betriebsstilllegung, Betriebsteilstilllegung, Schließung von Abteilungen

Liegt die unternehmerische Entscheidung in der Absicht, den ganzen Betrieb, einzelne Betriebsteile oder aber Abteilungen eines Betriebs stillzulegen, so ist der Nachweis, dass hierdurch in den betroffenen Unternehmensbereichen die Nachfrage nach Arbeit wegfällt, relativ leicht zu erbringen. Der Arbeitgeber hat hierbei nicht einmal darzulegen, dass mit der beabsichtigten Stilllegung bereits begonnen wurde. Es genügt vielmehr die Vorlage eines Beschlusses der Geschäftsführung, der die Absicht des Arbeitgebers dokumentiert, den Betrieb, einzelne Betriebsteile oder aber Abteilungen des Betriebs in absehbarer Zeit stillzulegen. Der mit der Umsetzung dieses Beschlusses einhergehende Wegfall von Arbeitsplätzen liegt auf der Hand.

Fremdvergabe, Outsourcing

Um eigenes Personal einzusparen, kann der Arbeitgeber die im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit durchaus legitime Entscheidung treffen, einzelne im Betrieb anfallende Tätigkeiten zukünftig von externen Unternehmen erledigen zu lassen. Dasselbe gilt, wenn ein Arbeitgeber die bisher von seinen Arbeitnehmern verrichteten Aufgaben freien Mitarbeitern überträgt. Zwar besteht im Betrieb des Arbeitgebers nach wie vor der gleiche Bedarf an Arbeitskraft, jedoch verzichtet der Arbeitgeber bei einer Fremdvergabe auf das ihm ursprünglich im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zustehende Weisungsrecht. Es handelt sich also nicht länger um nichtselbstständige Arbeit, die vom Arbeitgeber nachgefragt wird. Sein Bedarf an nichselbstständiger Arbeit ist vielmehr weggefallen.

Im Kündigungsschutzprozess hat der Arbeitgeber in diesem Fall nachzuweisen, dass er für die Erledigung bestimmter Aufgaben einen Vertrag mit einem anderen Unternehmen bzw. mit freien Mitarbeitern geschlossen hat. Hierzu reicht die Vorlage des betreffenden Vertrags. Freilich ist vom Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess zusätzlich darzulegen, welche Arbeitsplätze konkret von der Fremdvergabe betroffen sind.

Eine Unternehmensentscheidung, die zum Gegenstand hat, dass die Arbeitsverhältnisse zunächst an einen Dritten übergehen und die betroffenen Arbeitnehmer sodann in ihrem alten Betrieb unter Weisung des ursprünglichen Arbeitgebers als Leiharbeitnehmer dieselbe Arbeit erbringen, ist hingegen nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Menge und Art an nachgefragter Arbeit bleiben in diesem Fall schlicht unverändert. Die im Betrieb des Arbeitgebers tätigen Arbeitnehmer unterstehen weiter der Weisung ihres ursprünglichen Arbeitgebers. Der Bedarf des Arbeitgebers an nichtselbstständiger Arbeit ist gerade nicht weggefallen. Ein innerbetrieblicher Kündigungsgrund liegt somit schon begrifflich nicht vor. Eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hätte allergrößte Aussicht auf Erfolg.

Umstrukturierung und Rationalisierung

Schließlich steht es dem Arbeitgeber frei, Maßnahmen zur Umstrukturierung und Rationalisierung von Betriebsabläufen zu treffen, die sich mindernd auf die benötigte Stärke der Belegschaft auswirken. Hierzu gehören etwa die Einführung von technischen Neuerungen, durch die menschliche Arbeitskraft ersetzt wird oder aber die Verschlankung von Hierarchieebenen sowie Maßnahmen zur Leistungsverdichtung.

Ob diese Maßnahmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn machen, ist für die Beurteilung der Wirksamkeit der hierauf gestützten betriebsbedingten Kündigung nicht von Belang. Entscheidend ist allein, ob durch die Umstrukturierungsmaßnahmen der Bedarf an konkreter Arbeitskraft entfällt. Dies hat der kündigende Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess en detail darzulegen und zu beweisen.

Soll etwa die Führungsstruktur im Betrieb durch Wegfall von einzelnen Stellen oder einer ganzen Hierarchieebene schlanker werden, reicht es zum Nachweis des innerbetrieblichen Kündigungsgrundes nicht aus, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess lediglich das neue Organigramm seines Betriebes vorlegt. Der Arbeitgeber hat vielmehr zudem darzulegen, wie die im Betrieb anfallenden Arbeiten nach Umsetzung der von ihm nachweisbar getroffenen Unternehmensentscheidung vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen bewältigt werden. Im ersten Schritt ist hierbei vom Arbeitgeber zu dokumentieren, mit welchen Aufgaben der von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer in welchem zeitlichen Umfang jeweils beschäftigt war. Im zweiten Schritt ist durch Schilderung der Arbeitsabläufe darzulegen, welche der einzelnen Tätigkeiten des gekündigten Arbeitnehmers nicht mehr gebraucht werden und welche der Aufgaben nach vollzogener Umstrukturierung von anderen Mitarbeitern übernommen werden können.

Entschließt sich der Arbeitgeber zur Einführung neuer Fertigungstechniken oder Maschinen, so hat er dem Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess nachzuweisen, dass er die betreffenden Maschinen tatsächlich angeschafft hat und dass sich durch deren Leistungen der von der Kündigung betroffene Arbeitsplatz einsparen lässt.

Fazit

Die Arbeitsgerichte stellen an den Nachweis betriebsbedingter Kündigungsgründe sehr hohe Anforderungen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage frühzeitig unter Berücksichtigung der einzuhaltenden Nachweispflichten prüfen und im Zweifel hierzu anwaltlichen Rat einholen.

So kann der Arbeitgeber bereits vor Ausspruch der Kündigung die Gefahr eines drohenden Kündigungsschutzprozesses kalkulieren und das damit einhergehende Kostenrisiko gegebenenfalls minimieren. Auf der anderen Seite kann der Arbeitnehmer nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung unter Berücksichtigung der dem Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess obliegenden Nachweispflichten absehen, ob es ratsam ist, vor dem Arbeitsgericht um den Arbeitsplatz zu kämpfen oder sich mit dem Arbeitgeber auf eine angemessen hohe Abfindung zu einigen.

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