Oberlandesgericht Köln: Kurzer Eintrag in ein Notizbuch kann ein wirksames Testament sein.

Rechtsanwalt Thilo Wagner

In einem unter Beteiligung der Kölner Kanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte geführten Verfahren hat das Oberlandesgericht Köln nun entschieden, dass ein kurzer, unterschriebener Eintrag in ein Notizbuch als wirksames Testament ausgelegt werden kann. Dieser Erbschaftsstreit hat weitreichende Konsequenzen. Schließlich wurde um das Vermögen der ehemaligen Frau des früheren Schahs von Persien gestritten (OLG Köln – Beschluss vom 22.02.2016 – Az. 2 Wx 12/16).

Das war der Fall:

Prinzessin S. war die geschiedene Ehefrau des früheren Schahs von Persien. Sie starb im Jahr 2001 in Paris. Ihr Bruder, der Fürst B., beerbte sie alleine. Allerdings konnte sich der Fürst über das Erbe nur wenige Tage freuen. Dann verstarb auch er.

Einen Tag vor seinem Tod hatte der Fürst jedoch in seinem Notizbuch handschriftlich notiert, dass sein von ihm sehr geschätzter Chauffeur und Privatsekretär F. das gesamte Vermögen erben solle.

Der zweisprachig und gebrochen formulierte Text im Notizbuch lautete genau:

„…Mr. …F. …Der Retter No one, and my only Friend nenne ich als mein allein Erben.

Ready end B. …“

Zahlreiche andere Verwandte, darunter einige adelige Hoheiten sahen sich enterbt und guckten in die sprichwörtliche Röhre. Sie fochten das Testament an.

So entschieden die Gerichte:

Die Kölner Gerichte hatten zu entscheiden, ob der Notizbucheintrag des Fürsten als wirksames Testament zu Gunsten seines Privatsekretärs zu bewerten sei. Das Landgericht Köln als Beschwerdeinstanz des Amtsgerichts Köln hatte diese Frage in einer Entscheidung vom 17.12.2015 (11 T 369/06) bejaht.

Das Oberlandesgericht Köln hat nun diese Entscheidung bestätigt und eine gegen die Entscheidung des Landgerichts Köln gerichtete weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln stammt der kurze Text, der in einem Notizbuch des Verstorbenen enthalten war, tatsächlich von dem Bruder der Ex-Kaiserin. Es handele sich nicht nur um einen Entwurf, sondern um ein rechtlich verbindliches, mit sogenannten Testierwillen verfasstes Dokument. Unter anderem aus der Wortwahl sowie aus dem Umstand, dass der Text eigenhändig unterschrieben worden sei, ergebe sich, dass der Erblasser nicht nur etwas notieren, sondern eine verbindliche Erklärung abgeben wollte. Vermerke in einem privaten Notizbuch würden nämlich üblicherweise gerade nicht mit einer Unterschrift versehen. Dies gelte gerade vor dem Hintergrund, dass der Erblasser sonst grundsätzlich nicht selbst geschrieben, sondern sich für seinen Schriftverkehr dritter Personen bedient habe.
Ferner habe eine sogenannte Testierunfähigkeit des Verstorbenen nicht festgestellt werden können. Zwar sei der Bruder wenige Stunden später gestorben. Es könnte aber nicht festgestellt werden, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich über die Tragweite seiner Anordnungen ein klares Urteil zu bilden. Eine von einigen Verwandten erklärte Anfechtung des Testaments greife ebenfalls nicht durch. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Erblasser bei der Abfassung des Testaments einem Irrtum unterlegen oder gar durch Drohung hierzu bestimmt worden sei.

Die Kölner Gerichte waren für das Verfahren zuständig, weil der verstorbene Bruder seinen letzten Wohnsitz in Köln gehabt hatte. Das nun zum Abschluss gekommene Verfahren über die Erteilung eines Erbscheins war außerordentlich aufwändig. Die Gerichtsakte umfasste rund 30 Bände. Allein die Hauptakte enthielt über 4.500 Seiten. Im Laufe des Verfahrens mussten zahlreiche Sachverständigengutachten eingeholt werden, wie z.B. Schriftgutachten und medizinische Gutachten zur Frage der Testierfähigkeit. Außerdem waren Ermittlungen im Ausland erforderlich. Die Entscheidung bezieht sich nur auf das zum Todeszeitpunkt in Deutschland befindliche Vermögen. Der Beschluss ist rechtskräftig (OLG Köln PM Nr. 6/2016 vom 23.02.2016).

Fazit und Tipp – Das eigenhändige Testament:

In der Praxis kommt es sehr häufig vor, dass vermeintliche Erben und vermeintlich Enterbte um die testamentarische Wirksamkeit von einfachen handschriftlichen Notizen streiten. Schließlich ist das so genannte eigenhändige Testament der häufigste Fall der Testamentserrichtung. Denn diese Art der letztwilligen Verfügung ist sehr schnell verfasst und kann einfach, im Zweifel auch noch vom Sterbebett aus, errichtet werden.

Alleine mit einem Zettel (oder einem Notizbuch) und einem Stift ist es möglich, über das gesamte Vermögen für den Fall des Todes zu verfügen. Es reicht schon ein kurzer, eigenhändiger Text aus (in dem aktuellen Verfahren war sogar ein einziger Satz ausreichend). Aus den Ausführungen muss nur hervorgehen, wer erben soll und in welchem Umfang das Vermögen vererbt wird.

Damit eine schriftliche Notiz tatsächlich als Testament wirksam ist, muss der selbst formulierte letzte Wille allerdings vom ersten bis zum letzten Buchstaben handschriftlich verfasst und unterschrieben sein. Ansonsten ist das eigenhändige Testament grundsätzlich nichtig. Ganz wichtig ist es zudem, das Datum der Errichtung handschriftlich auf dem Testament zu vermerken und den Text bündig zu unterschreiben. Anderenfalls ist die letzwillige Verfügung angreifbar und es besteht die Gefahr, dass die (nicht gewollte) gesetzliche Erbfolge eintritt.

Rechtliche Grundlage – § 2247 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) :

Das eigenhändige Testament findet seine rechtliche Grundlage in § 2247 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Vorschrift lautet:

„§ 2247 BGB – Eigenhändiges Testament

(1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.

(2) Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.

(3) Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen.

(4) Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten.

(5) Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweit treffen lassen. Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den Ort der Errichtung enthält.“

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