Zur Abmahnwelle allseits bekannter Abmahnkanzleien

Rechtsanwalt Jörg Halbe

Alle Jahre wieder fluten bekannte Abmahnkanzleien wie etwa die Münchener Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte sowie aus Hamburg die Kollegen Sasse & Partner und Rechtsanwälte Rasch oder die Rechtsanwaltsgesellschaft FAREDS gerade in der Vorweihnachtszeit das Land mit unzähligen Abmahnungen. Die Abmahner spekulieren offenbar darauf, dass unmittelbar vor Weihnachten die Bereitschaft der Abgemahnten, den mit der Abmahnung geltend gemachten Forderungen nachzukommen, angesichts des Vorweihnachtsstresses und des Wunsches nach besinnlichen Feiertagen besonders ausgeprägt ist.

Abgemahnt werden die Inhaber von Internetanschlüssen. Diesen wird vorgeworfen, urheberrechtlich geschützte Werke über ihren Internetanschluss in Peer-to-Peer-Netzwerken zum Tausch angeboten zu haben. Die abgemahnten Anschlussinhaber werden mit der Abmahnung zur Zahlung von Schadensersatz, Kostenerstattung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Dabei stellen sich den abgemahnten Anschlussinhabern zahlreiche Fragen, die wir versuchen, nachfolgend zu beantworten:

Wie sind die Abmahner an meine Anschlussdaten gelangt?

Die Rechteinhaber beauftragen regelmäßig Firmen mit der Ermittlung von IP-Adressen, über die urheberrechtlich geschützte Werke anderen Teilnehmern von Internettauschbörsen zum Download angeboten worden sein sollen. Mit den ermittelten IP-Adressen wenden sich die Rechteinhaber dann an ein Landgericht ihrer Wahl und erwirken dort einen Beschluss, der den Internetprovider dazu verpflichtet, auf Verlangen Auskunft über die Inhaber der Anschlüsse zu erteilen, denen die ermittelten IP-Adressen zu den betreffenden Zeitpunkten zugeordnet waren.

 

Ist die Anschlussermittlung immer zutreffend?

Nein, Erfassungs- und/oder Übertragungsfehler sind keineswegs auszuschließen. Fehlverknüpfungen sind bei weitem kein seltenes oder gar vereinzeltes Phänomen. Bei einigen Verfahren liegt die Quote der definitiv nicht bzw. falsch zugeordneten IP-Adressen deutlich über 50%. Bei einem besonders eklatanten Beispiel lag die Fehlerquote sogar über 90 %, vgl. Landgericht Köln, Beschluss vom 25.09.2008 – 109-1/108. Protokolle über selbst ermittelte IP-Adressen sind daher auch keine geeigneten Beweismittel, Landgericht Hamburg, Beschluss vom 14.03.2008 – 308 O 76/07. Nicht auszuschließen ist zudem, dass der Internetprovider der ermittelten IP-Adresse bei Auskunftserteilung – etwa aufgrund eines technischen Versehens oder eines einfachen Zahlendrehers – den falschen Internetanschluss zugeordnet hat.

 

Warum wenden sich die abmahnenden Rechtsanwälte an mich, wo doch der Anschluss auch von anderen genutzt wird und ich zum angeblichen Download-Zeitpunkt überhaupt nicht online war?

Wird ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus öffentlich zugänglich gemacht, die zu einem bestimmten Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person – also der Anschlussinhaber – für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Diese tatsächliche Vermutung gilt es durch entsprechenden Sachvortrag zu entkräften. Dies gelingt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs, nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers, ergibt. Dafür wird es regelmäßig genügen, wenn Dritte, wie insbesondere Familienangehörige oder sonstige Hausgenossen des Anschlussinhabers, zum Zeitpunkt des behaupteten Downloads selbständig und unabhängig von Anschlussinhaber auf den Internetanschluss zugreifen konnten.

 

Muss ich als Anschlussinhaber Schadensersatz leisten und die Abmahnkosten tragen, obwohl ich die Urheberrechtsverletzung nicht begangen habe?

Nein, müssen Sie nicht. Können Sie die gegen Sie sprechende tatsächliche Vermutung, wonach Sie als Anschlussinhaber die betreffende Urheberrechtsverletzung begangen haben, durch Darlegung eines alternativen Geschehensablaufs widerlegen, und sollten Sie zudem keine Verkehrssicherungspflichten verletzt haben, wären Sie zu Unrecht abgemahnt worden. In diesem Fall haben Sie in Ermangelung eines eigenen Verschuldens weder Schadensersatz zu leisten noch die dem Rechteinhaber entstandenen Rechtsanwaltskosten zu tragen. Der abmahnende Rechteinhaber kann vom abgemahnten Anschlussinhaber nämlich nur die Kosten einer berechtigten Abmahnung ersetzt verlangen.

 

Sollte ich die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung abgeben?

Nein, sollten Sie nicht. Die dem Abmahnschreiben beigefügte und von den gegnerischen Rechtsanwälten vorbereitete Unterlassungserklärung schützt nicht vor Folgeabmahnungen. Lassen Sie stattdessen von einem versierten Rechtsanwalt Ihrer Wahl höchst vorsorglich und ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben, die kein Schuldanerkenntnis beinhaltet und keine Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz oder Kostenerstattung begründet, sondern ausschließlich den Unterlassungsanspruch erfüllt und so ausgestaltet ist, dass damit sowohl Folgeabmahnungen als auch einstweilige Verfügungen ausgeschlossen sind.

 

Wer kann mir im Falle einer Abmahnung helfen?

Wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt, der nachweislich über Erfahrung mit der Bearbeitung von Filesharing-Abmahnungen verfügt. Ein solcher Anwalt wird es verstehen, einstweilige Verfügungen zu vermeiden, Folgeabmahnungen auszuschließen und unberechtigte Forderungen abzuwehren.

 

Jörg Halbe ist Rechtsanwalt in Köln und geschäftsführender Gesellschafter der Kölner Kanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte. Die Kanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte berät und vertritt seit vielen Jahren bundesweit einige tausend Abmahnopfer in allen Fragen des Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrechts – schnell, diskret und effizient! Zur zunächst unverbindlichen und insoweit selbstverständlich kostenfreien Besprechung der Sach- und Rechtslage erreichen Sie uns telefonisch unter der Durchwahl 0221 – 3500 67 80.

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