Keine Erstattung von Kosten für Abmahnung bei eigener Sachkunde des Abmahners

Rechtsanwalt Jörg Halbe

Ein Firmeninhaber, der gleichzeitig als zugelassener Rechtsanwalt namens und im Auftrag der Firma, deren alleiniger geschäftsführender Gesellschafter er ist, einen Mitbewerber eben dieser Firma wegen eines vorgeblichen Wettbewerbsverstoßes abmahnt, kann vom Abgemahnten nicht die Erstattung der durch die wettbewerbsrechtliche Abmahnung entstandenen Anwaltskosten verlangen. So das Landgericht Köln mit Urteil vom 10.04.2018 – 81 O 117/17:

 

Eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft mit Sitz in Berlin, die stationär und über das Internet u.a. gebrauchte Radsportartikel verkauft, hatte vor dem Landgericht Köln auf die Erstattung von Abmahnkosten geklagt. Alleiniger Gesellschafter, Geschäftsführer und Inhaber dieser Unternehmergesellschaft (UG) war zugleich deren zunächst außergerichtlich abmahnender Rechtsanwalt und jetziger Prozessbevollmächtigter. Bei dem abmahnenden Rechtsanwalt, Prozessbevollmächtigten, alleinigen Gesellschafter, Geschäftsführer und Inhaber der klagenden Unternehmergesellschaft handelte es sich also um ein und dieselbe Person. Dieser machte dem Beklagten, der als begeisterter Radsportler ab und an über eBay gebrauchtes oder überschüssiges Radsportzubehör an andere, ihm nicht selten persönlich bekannte Radsportfreunde verkauft, zunächst mit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung außergerichtlich zum Vorwurf, hierbei eine private Verkaufstätigkeit vorgetäuscht zu haben. Der von uns, der Kölner Kanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte, vertretene Beklagte gab hierauf höchst vorsorglich und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Erstattung der mit der Abmahnung gleichfalls geltend gemachten Anwaltskosten, unter anderem unter Hinweis darauf, dass diese zur Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen seien. Zu Recht, wie das Landgericht Köln nun in Übereinstimmung mit unserer Klageerwiderung festgestellt hat:

Erstattungsfähig sind danach nur die zur Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen. Aufwendungen sind aber dann nicht erforderlich, wenn der Abmahnende selbst über hinreichende Sachkenntnis zur Verfolgung der vermeintlichen Wettbewerbsverletzung verfügt. Dies war vorliegend anzunehmen, da der zunächst außergerichtlich abmahnende Rechtsanwalt und spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin zugleich deren alleiniger Gesellschafter, Geschäftsführer und Inhaber ist. Die Sachkunde des abmahnenden Rechtsanwalts und späteren Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin daher zurechnen lassen. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH zum Eigenauftrag eines Rechtsanwaltes. Dieser kann bei unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstößen auch keine Anwaltskosten für die Abmahnung geltend machen. Nicht anders liegt es aber, wenn eine Gesellschaft (GmbH, eine haftungsbeschränkte UG, Limited o.ä.) organschaftlich alleine von einem Rechtsanwalt vertreten wird, denn dessen Sachkunde muss sich die Gesellschaft in gleicher Weise zurechnen lassen. Bei dem hier dem Beklagten mit der Abmahnung zum Vorwurf gemachten Wettbewerbsverstoß – gewerbliches Handeln als angeblicher Privatverkäufer – handelt es sich nach Ansicht des Gerichts um solch einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unschwer zu erkennenden und zu beurteilenden Wettbewerbsverstoß. Die Klägerin verfügte also insoweit ganz offenkundig über eigene Sachkenntnis zur Verfolgung der vermeintlichen Rechtsverletzung. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes war hierzu nicht erforderlich.

Die klageweise geltend gemachten Abmahnkosten sind demnach nicht vom Abgemahnten zu erstatten. Die Klage war folglich als unbegründet abzuweisen.

Fazit:

Handelt es sich bei dem alleinigen Gesellschafter, Geschäftsführer und Inhaber der abmahnenden Gesellschaft (GmbH, UG, Limited o.ä.) zugleich um den die Abmahnung für diese aussprechenden Rechtsanwalt, so muss sich die Gesellschaft dessen offenkundig vorhandene Sachkunde zurechnen lassen. Dies mit der Folge, dass die berechneten Anwaltskosten zur Verfolgung der Wettbewerbsverletzung nicht erforderlich waren und somit vom Abgemahnten auch nicht zu erstatten sind. Mag die wettbewerbsrechtliche Abmahnung in der Sache auch berechtigt sein, kann der Abgemahnte in einem solchen Fall dennoch die mit der Abmahnung gleichfalls geforderte Erstattung von Anwaltskosten verweigern.

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