Die krankheitsbedingte Kündigung und ihre Wirksamkeitsvoraussetzungen

Rechtsanwalt Jörg Halbe

Der Krankenstand hat in Deutschland zuletzt, nachdem er sich lange auf relativ niedrigem Niveau bewegt hatte, wieder spürbar angezogen. Ein hoher Krankenstand führt nicht zuletzt wegen der gesetzlichen Entgeltfortzahlung häufig zu ganz erheblichen Belastungen der hiervon betroffenen Unternehmen. Da wundert es nicht, dass so mancher Arbeitgeber die Kündigung von häufig krankheitsbedingt fehlenden Arbeitnehmern in Betracht zieht.

An die soziale Rechtfertigung einer solchen krankheitsbedingten Kündigung stellen Rechtsprechung und Gesetz allerdings äußerst strenge Anforderungen. Zur Vermeidung kostspieliger Kündigungsschutzklagen sowie üppiger Abfindungen sollte der zum Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung entschlossene Arbeitgeber daher zunächst prüfen, ob diese einer arbeitsgerichtlichen Prüfung standhält.

Zur sozialen Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung muss nämlich zunächst eine negative Gesundheitsprognose hinsichtlich des Krankheitsverlaufs des jeweiligen Arbeitnehmers getroffen werden können. Diese ist gegeben, wenn zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs aufgrund objektiver Umstände die ernste Besorgnis weiterer krankheitsbedingter Fehlzeiten besteht. So können etwa häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit durchaus für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes sprechen. Bei einer dauerhaften Langzeiterkrankung liegt eine negative Gesundheitsprognose vor, wenn in den nächsten 24 Monaten ab Zugang der Kündigung nicht mit einer Genesung des arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers gerechnet werden kann.

Die prognostizierten Fehlzeiten sind jedoch nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers führen. Dies können etwa neben Betriebsablaufstörungen auch die auf den Arbeitgeber bei Krankheit des Arbeitnehmers zukommenden Entgeltfortzahlungskosten sein.

Liegt eine solche Beeinträchtigung betrieblicher Belange vor, ist in einem dritten Schritt zu prüfen, ob die Störungen nicht durch mildere Mittel als durch Ausspruch einer Kündigung behoben werden können. Zu denken ist hier etwa an die Einstellung von Aushilfskräften oder aber die Versetzung des Arbeitnehmers auf einen anderen, gesundheitsschonenden, leidensgerechten Arbeitsplatz.

Scheidet eine solche Möglichkeit aus, bleibt schließlich im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber nicht mehr hingenommen werden können. Dabei ist etwa zu berücksichtigen, ob die Erkrankung auf betriebliche Ursachen zurückzuführen ist, ob und wie lange das Arbeitsverhältnis zunächst ungestört verlaufen ist oder ob der Arbeitgeber wegen der krankheitsbedingten Fehlzeiten extra eine Personalreserve vorhalten muss. Ferner sind bei der Interessenabwägung in jedem Fall das Alter und die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Sind alle vier vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, spricht auch bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes viel für die Wirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung. Dem von einer krankheitsbedingten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer bleibt gleichwohl die Möglichkeit, hiergegen Kündigungsschutzklage zu erheben. Die Kündigungsvoraussetzungen sind dann vom Arbeitgeber prozessual darzulegen und im Falle des Bestreitens zu beweisen.

Bei Fragen zur krankheitsbedingten Kündigung können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen.

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